S88 ist Synonym für Rückmeldungen auf der Modellbahn. Der Begriff S88 stammt aus den Anfangsjahren des Märklin Digital Systems und hält sich bis heute. Eigentlich ist es von moderneren Rückmeldesystemen mit neueren Bussen technisch längst überholt. Durch die enorm große Verbreitung und Beliebtheit des Systems traut sich aber noch heute kaum ein Hersteller, seine Digitalzentrale ohne S88 Anschluss anzubieten.
Das Prinzip
- Das S88 System ist relativ schnell. Bis zu 512 Rückmelder (manchmal auch mehr) werden in maximal ca. 500 ms eingelesen. Die tatsächliche Laufzeit steigt linear mit der Anzahl der Module. Alle Module sind mit einem 6-adrigen Kabel in Reihe geschaltet.
- S88 basiert auf das Eimerketten-Prinzip. Auf Kommando „LOAD“ der Zentrale laden alle beteiligten Rückmelder ihren aktuellen Status „frei“ oder „belegt“ in ihren Eimer. Die Zentrale gibt nun einen „CLOCK“ Takt vor, mit dem jeder Rückmelder seinem Nachbarn seinen Eimer mit einer „frei“ oder „belegt“ Status durchreicht. Nach spätestens 512 Takten hat so auch der letzte Eimer mit Information die Zentrale erreicht. Der Zyklus wiederholt sich. Technisch haben wir natürlich keine Eimer, sondern benutzen sogenannte Schieberegisterbausteine.
- Auf einem klassischen S88 Modul finden sich üblicherweise 16 Eingänge, wie beim Original, dem Märklin 6088 Rückmeldedecoder. Die einfachsten Baugruppen erkennen, dass ein Eingang mit Masse verbunden wird, wenn z. B. ein Wagenrad eine elektrische Verbindung zwischen einem isolierten Gleisstück und Masse herstellt. Die Baugruppe speichert dieses möglicherweise sehr kurze Ereignis und schreibt es in einen Zwischenpuffer, von wo es durch die Schieberegister zur Zentrale geschoben wird.
- Alle Rückmelder in der Kette sind von 1 bis 512 durchnummeriert. Die Adresse der Rückmelder wird durch ihren Platz in der Kette bestimmt.
Vorteile:
- S88 ist schnell. Kaum ein moderner Bus schafft derart viele Meldungen pro ms.
- S88 ist sehr einfach im Aufbau. Ein Modul hat nur wenige, preiswerte Komponenten.
- S88 ist von den Komponenten her sehr preiswert. Der aktuelle Preis für Original Märklin 6088 Module spiegelt eher ihren nostalgischen als ihren technischen Wert wider.
- S88 ist weit verbreitet. Es gibt Module mit Massesensor, Stromsensor, Spannungssensor, RFID, usw.
- Die meisten Zentralen haben eine S88 Schnittstelle
Nachteile
- S88 kennt keine Adressen. Fügt man ein weiteres Modul in die Kette ein, verschieben sich alle nachfolgenden Rückmelder in der Nummer (Adresse). Die Adressen der S88 Rückmelder im Gleisplan auf dem PC müssten entsprechend korrigiert werden.
- S88 basiert auf C-MOS Bausteinen, die eine ziemlich hohe Eingangsimpedanz haben. Diese Eingänge liegen direkt an den Verbindungsleitungen zwischen den Modulen. Diese Leitungen sind damit quasi Antennen, über die leicht Störungen ins System gelangen können. Bei unsorgfältiger Verlegung und langen Kabeln können so Geistermeldungen induziert werden.
- Die 6-poligen Verbindungskabel sind nicht geschirmt, nicht verdrehsicher und können auch versetzt gesteckt werden. Damit sind die Standardkabel eine weitere Quelle für Fehler und Störungen.
- S88 wird mit 5 Volt betrieben. Die Spanne zwischen den Schaltpegeln „logisch 1“ und „logisch 0“ ist dementsprechend klein und trägt zur Störanfälligkeit bei,
Für meine Modulanlage habe ich von Anfang an auf selbst gebaute S88 Module gesetzt und bin damit bis heute zufrieden. Zunächst habe ich die Standard 6-poligen Stiftleisten verwendet, um mit dem Original S88 Flachbandkabel kompatibel zu sein. Später habe ich jedoch andere Stecker und eine andere Stückelung verwendet. Es macht nämlich für ein Streckenmodul keinen Sinn, eine 16 Bit S88 Baugruppe zu verwenden, bei dem 14 Eingänge unbenutzt bleiben. Mit den damals üblichen 6-poligen Stiftleisten hatte ich so meine Probleme. Als alternativer Steckverbinder kamen bei mir 6-polige Modulstecker und -Buchsen RJ12 aus der Telefontechnik zum Einsatz. Die dazu passenden 6-adrigen Flachleitungen sind zwar nicht geschirmt, aber dennoch den üblichen 6-adrigen S88 Leitungen in puncto Störsicherheit überlegen. Man kann sie bedenkenlos „blind“ stecken. Verwechslungsgefahr besteht nur mit LocoNet, das aber bei mir (noch) nicht zum Einsatz kam. Bei den damaligen Preisen der Original-S88-Kabel lohnte sich die Anschaffung einer entsprechenden RJ12 Crimpzange, zumal die gleiche Technik auch für das LocoNet an der IntelliBox verwendet wurde.
Meine selbst gebaute S88 Baugruppe mit 4 Masse-Eingängen habe ich „RM44S88“ getauft (RM4 für S88). Mit wenigen C-Mos Bausteinen, ein paar Widerständen und Kondensatoren auf einem Stückchen Experimentierplatine aufgebaut, bietet sie Kompatibilität mit dem Märklin „S88“ Schieberegister-Bus und dient gleichzeitig als Signalverstärker und Kabelverlängerung für nachfolgend angeschlossene S88 Baugruppen. Nun wäre für ein 3-Leiter Digitalsystem diese Baugruppe schon komplett. Um aber bei 2-Leiter-Digitalbahnen Belegtmelder und Gleisschaltkontakte auszuwerten, ist noch eine Entkopplung der Gleisspannung von den 5V des S88-Busses erforderlich. Die Mini-Baugruppe „BMACIN22“ stellt zu diesem Zweck 2 Stromsensoreingänge und 2 Wechselstrom-Kontakteingänge zur Verfügung, die über einen 4-fach-Optokoppler ihren Status dem RM44S88 melden.
Später habe ich beide Platinen kombiniert und die Schaltung etwas angepasst. Dadurch konnten einige Bauteile eingespart werden. In dieser Form sind bis heute einige Baugruppen bei mir im Einsatz.
S88 heute
S88 geht mit der Zeit. Um einen Nachteil des S88 Systems auszubügeln, wurden auch von der Industrie bessere und preiswertere Kabel- und Stecksysteme eingeführt. Man einigte sich auf die in der Netzwerktechnik als Standard verwendeten 8-adrigen und geschirmten CAT5 Patchkabel mit den passenden RJ45 Steckbuchsen. Durch geschickte Belegung der 4 verdrillten Adernpaare mit den S88 Signalen und durch die standardmäßig vorhandene Schirmung konnte die Störsicherheit des alten S88 Systems erheblich gesteigert werden. Die so ausgerüsteten Rückmelder werden im Handel unter der Bezeichnung „S88-N“ angeboten. Ich habe den bewährten RM44S88 Rückmeldebaustein ebenfalls mit dieser Kabel- und Stecker-Technik ausgerüstet und RM44S88N genannt.
Die Informationen zum Nachbauen: | |
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Reichelt Warenkorb Das C-Mos 4-Bit CD 4035 BE Schieberegister ist leider nicht bei Reichelt erhältlich und fehlt deswegen Warenkorb. | |
RM44S88N Schaltplan | |
Stückliste RM44S88N (mit Links auf Quellen für das IC1 CD 4035 DE) | |
RM44S88N Layout als PDF Datei | |
RM44S88N als Eagle Board Datei (.brd) |
© 2003 – 2023 Gerard Clemens – letzter Update 30.07.2023
13. Juli 2022 um 12:18 Uhr
Hallo Matthias, vielen Dank für den positiven Kommentar. Ich habe die Platine nie fertigen lassen, weil ich kurz nach dieser Entwicklung den RM8S88NB (https://mobatron.4lima.de/2020/03/s88-neu-adressiert) auf der Basis eines Mikroprozessors fertiggestellt habe. Diesen RM8S88NB habe ich mehrfach in meine Modulanlage eingebaut. Platinen und programmierte ATMEL ATTiny2313A kann ich gerne liefern.
Grüße
Gerard Clemens
12. Juli 2022 um 20:37 Uhr
Hallo Mobatron Team,
Sehr gute Beschreibung.
Gibt es eine Bezugsquelle für die Platine zum
RM44S88N?
Vielen Dank